25.01.2016
Einfach bessere Arbeitsplätze
Im Herbst sind die Geschäftsstelle der Praunheimer Werkstätten aus dem alten Gebäude im Stadtteilkern ins Gewerbegebiet an der Heerstraße umgezogen. Nun ist alles fertig eingerichtet und der Betrieb läuft. Jetzt gewährte Geschäftsführer Wolfgang Rhein einen ersten Blick in die neuen Räumlichkeiten.
"Nicht mehr zeitgemäß“ sind die Worte, mit denen der Sitz der Praunheimer Werkstätten (PW) im Ortskern schon lange beschrieben werden konnte. „Für Rollstuhlfahrer war das Gebäude lediglich über nachträglich angelegte Rampen erschlossen, die Räume waren in die Jahre gekommen und der Platz für die steigende Anzahl an Klienten zu klein geworden“, erinnert sich PW-Geschäftsführer Wolfgang Rhein.
Der Besprechungsraum, in dem er davon erzählt, ist groß, hell und freundlich und liegt im zweiten Stockwerk des rechten Flügels des Neubaus im Praunheimer Gewerbegebiet, in den im Herbst die Tagesförderstätte der Werkstätten sowie die Geschäftsstelle eingezogen sind. Die Eingangstür zum linken Flügel führt in Richtung Werkstätten, Lager und Werkstattverwaltung. Im Gegensatz zum Gebäude in Alt-Praunheim ist hier alles behindertengerecht: Aufzüge führen in die oberen Stockwerke, die Türklinken und Schlösser sind mühelos aus dem Rollstuhl zu erreichen, die insgesamt 343 Türen allesamt breit genug, um mit Rollstuhl hindurch zu kommen.
21,2 Millionen Euro teuer
Investiert wurden in den Neubau mit 8500 Quadratmetern Nutzfläche insgesamt rund 21,2 Millionen Euro, die zu einem großen Teil von Stadt, Land und vom Landeswohlfahrtsverband gefördert wurden. Aber auch rund zwei Millionen Euro Spenden, darunter 40 000 Euro von der Leberecht-Stiftung dieser Zeitung, und Eigenkapital der PW flossen in das Gebäude an der neu angelegten Christa-Maar-Straße. Nun bietet der Standort Platz für rund 240 Werkstattbeschäftigte, die durch ihre Behinderung als nicht arbeitsmarktfähig eingestuft werden und für weitere 42 Klienten in der Tagesförderstätte, die aufgrund schwerster Behinderungen nicht werkstattfähig sind. Rund 100 Mitarbeiter der Praunheimer Werkstätten, die sich um Verwaltungsaufgaben kümmern sowie die Behinderten betreuen und bei der Arbeit anleiten, sind ebenfalls mit eingezogen. Gerade in die Tagesförderstätte haben die Praunheimer Werkstätten mächtig investiert. Über allen Gruppenräumen sind sogenannte Pflegebäder vorhanden, die neben behindertengerechten Toiletten auch Duschen beinhalten. Zusätzlich stehen Ruheräume und sogar ein Bällebad zur Verfügung.
Doch auch bei den acht Arbeitsfeldern im Werkstattbereich wurden geräumige Arbeitsplätze eingerichtet und Maschinen zum Teil im Zuge des Umzugs erneuert. „Etwa im Bereich der elektronischen Archivierung haben wir inzwischen zwei Geräte, die sogar Baupläne einscannen können, womit wir im Wettbewerb sehr gut mithalten können“ erklärt Rhein, als er durch die Büroräume im Obergeschoss führt.
Viele Arbeitsbereiche
Weitere Arbeitsbereiche, in denen die Klienten der PW am neuen Standort arbeiten, sind das Holzbearbeitungszentrum, der Lettershop, der Garten- und Landschaftsbau, die Konfektionierung und Montage, das Lager und die Hauswirtschaft. Hinzu kommen ein Berufsbildungszentrum mit 18 Plätzen sowie ein Kunstatelier. Die Energie, die im neuen Gebäude benötigt wird, liefern ein Blockheizkraftwerk auf dem Gelände sowie 500 Solarzellen auf dem Dach des Neubaus.
Dass jeder Umzug mit Pannen verbunden ist, hätten aber auch die Praunheimer Werkstätten erfahren müssen, betont Rhein, der schon einen ersten Wasserschaden aufgrund eines baulichen Fehlers beheben lassen musste. „Man muss eben mit allem rechnen“, sieht der PW-Geschäftsführer die unfreiwillige Wassertaufe der Kantine, die durch ein Leck im darüber liegenden Kunstatelier entstanden war, inzwischen pragmatisch. „Dass der Schaden so schnell rückstandslos beseitigt ist, sehen wir als ein gutes Zeichen an, dass unsere Zusammenarbeit hier schon ganz gut funktioniert.“
Tatsächlich ist der Speiseraum schon wieder so präsentabel, wie er geplant war, so dass hier am 2. Februar auch der Neujahrsempfang der Praunheimer Werkstätten wie geplant vollzogen werden kann. „Wir halten es auch für möglich, dass der Raum für die Praunheimer Bürger offen steht, wenn er benötigt wird“, sagt Rhein, der weiß, dass es im Stadtteil schon lange an Versammlungsräumen fehlt.
In den alten Räumen in Alt-Praunheim sollen indes Flüchtlinge unterkommen. Der Einzug wird jedoch später als ursprünglich geplant erfolgen. Die Belegung ist erst im zweiten Quartal vorgesehen. Ursprünglich sollte das Gebäude bereits Anfang dieses Jahres in Betrieb gehen. Außerdem plant der Frankfurter Verein für soziale Heimstätten, der Träger der Unterkunft, nur noch 170 anstatt 200 Plätze, wie in der jüngsten Ortsbeiratssitzung bekannt wurde (wir berichteten).
Artikel Frankfurter neue Presse vom 25.01.2016. Von SANDRA KATHE
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