08.12.2016
Zirkus ohne Genehmigung
Der Zirkus Delmonde haust am Nidda-Ufer, weil er keine Vorstellung geben darf. Dafür fehlt eine Genehmigung, die die Familie Krämer ohne Auftritte aber nicht zahlen kann.
Knapp fünf Monate ist es her, da begann für Tino Krämer und seine Familie der Teufelskreis. Im Sommer hatte die Stadt nach zwei Jahren bemerkt, dass die Familie gar kein gültiges Baubuch mehr für ihren Zirkus Delmonde besitzt. Ein solches aber braucht es, um Vorstellungen vor Publikum geben zu dürfen. Man habe einfach versäumt, ein neues zu beantragen, sagt Krämer, „6000 Euro kostet das Baubuch jetzt.“ Geld, das die Familie nicht hat. Und, das sie schwer nur einnehmen kann – ganz ohne Vorstellungen. Ein Teufelskreis eben.
Jetzt steht die achtköpfige Familie mit ihrem Zirkus immer noch dort, wo im Sommer der Teufelskreis begonnen hat. Am Nidda-Ufer in Praunheim. Illegalerweise, denn eine Genehmigung hat die Familie für den Platz nicht. Im Ortsbeirat 7 regt sich dagegen erster Widerstand. In einem Antrag wird der Magistrat gefragt, was er denn unternehmen wolle, um den Zirkus von der Fläche zu bekommen.
„Aber wohin sollen wir denn, wenn wir eh keine Vorstellungen geben dürfen?“, fragt indes Krämer. Eine Frage, auf die man bei der Stadt auch nicht so recht zu antworten weiß.
Dabei ist die Problematik in Frankfurt mit Zirkusen, die illegal auf Grünflächen weilen, eine altbekannte. Krämer sagt, schon oft habe er bei Grünflächen- und Liegenschaftsamt nach Ausweichfläche gefragt, einem dauerhaften Platz, auf dem er mit seinem Zirkus den Winter über bleiben kann. „Wir sind ja auch bereit dafür zu zahlen.“ Eine wirkliche Antwort hat er nie bekommen.
Stephan Heldmann, Leiter des Grünflächenamtes, sagt, viele Behörden würden da zusammenarbeiten. „Aber das Grünflächenamt ist nicht für eine Ausweichfläche verantwortlich.“ Stattdessen würde man versuchen, der illegalen Nutzung der Grünflächen durch Zirkuse zuvorzukommen mit Schranken und Findlingen. „Wir tolerieren das nicht“, sagt Heldmann. Hingenommen, wenn auch mit Widerwillen, wird die Nutzung aber dennoch.
Das zeigt sich alleine daran, dass die Familie Krämer Strom und Wasser von einer naheliegenden Einrichtung bezieht, die dafür bei der Stadt um Erlaubnis bat – und die auch bekam. „Wir zahlen ja dafür“, sagt Krämer.
Anwohner, erklärt Krämer, hätten sich bei ihm noch keine beschwert. Im Gegenteil, manche kämen vorbei, um sich die Tiere anzusehen. „Wir tun ja keinem was“, sagt er. Bis März werde der Zirkus wohl noch am Niddaufer weilen. „Wir spielen in Schulen und Kindergärten, um das Geld für das Baubuch bis dahin irgendwie zusammenzubekommen.“ Man wolle den Zirkus nicht aufgeben, „wir machen das schon in der siebten Generation, das ist ein Stück Kultur“, sagt Krämer
Wenn sie den Platz im Frühjahr verließen, würde man kaum erkennen können, dass der Zirkus überhaupt da war, meint Krämer. Das Thema Zirkus aber wird in den Stadtteilen Frankfurts bleiben – so lange, bis die Stadt eine Lösung gefunden hat.
Artikel Frankfurter Rundschau, vom 07.12.2016. Von Julian Loevenich
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