14.12.2004
Praunheimer Familie sammelt Spenden für jungen Mann aus Äthiopien
Praunheim. Bei einem Verkehrsunfall ist ein 25 Jahre alter Mann schwer verletzt worden. Auf der dreispurigen Straße kam ein Auto aus unbekannten Gründen von der mittleren Spur ab und rammte den Wagen des 25-Jährigen auf der linken Spur. Dabei zog sich dieser einen schweren Hüftbruch zu. Der Unfallverursacher beging Fahrerflucht. Eine Nachricht, wie sie häufig zu lesen ist.
Nur ereignete sich dieser Unfall nicht in Praunheim, Frankfurt oder anderswo in Deutschland, sondern am 25. Juni in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba – und er hatte weitaus schlimmere Folgen für den schwer verletzten Fisseha Girmay, genannt «Fishy». Dass er einmal nach Deutschland kommen würde, hat er sich nicht erträumen lassen, obwohl entfernte Verwandte aus Eritrea in Ginnheim leben. Aber der Anlass ist kein schöner: Fishy muss sich einer schweren Hüftoperation unterziehen. Ansonsten würde die gebrochene Hüfte eine lebenslange Behinderung und Arbeitslosigkeit bedeuten, denn solche Operationen sind in Äthiopien nicht möglich; die Straßen Äthiopiens sind gefüllt von behinderten Bettlern.
Eine aus Praunheim stammende Familie hat es nach Äthiopien verschlagen: Klaus Köhnlein und Marion Wolf mit der dreijährigen Tochter Pauline. Seit März 2004 arbeitet Köhnlein in Adis Abeba als Berater für das äthiopische Wasserwirtschaftsministerium und erstellt zusammen mit 30 Experten einen Entwicklungsplan für ein Flussgebiet im Süden des Landes. «Hier regnet es in einigen Regionen im Jahr etwa so viel wie in Deutschland. Es fehlt aber an Möglichkeiten, es zu speichern und effektiv zu nutzen», beschreibt der Frankfurter die Situation.
In Äthiopien neue Kontakte zu knüpfen, ist schwierig. Entweder hat man Kinder im schulpflichtigen Alter und lernt über die Schulen andere Eltern kennen. Oder man hat Arbeitskollegen. Im Falle von Familie Köhnlein wurden erste Kontakte über die Kirchengemeinde geknüpft. Die Familie gehört der Neuapostolischen Kirche (NAK) an, welche auch in Addis Abeba mit einer kleinen Gemeinde von rund 100 Gläubigen vertreten ist. Bei ihrem sonntäglichen Kirchgang lernte Familie Köhnlein den lebensfrohen Fishy kennen. Trotz Behandlung in fünf Kliniken innerhalb von vier Monaten konnte Fishy in seinem Heimatland nicht geholfen werden. «Ohne eine chirurgische Behandlung ist eine dauerhafte schwere Behinderung unabwendbar», sagten ihm die einheimischen Ärzte. Aber in Äthiopien in ist eine solche Operation unmöglich.
Dabei geht es Fishy, der in Addis Abeba Zugang zu Ärzten hat, schon besser als den meisten anderen Äthiopiern. Etwa 90 Prozent der Bevölkerung leben auf dem Land, die Hälfte ist mehr als 35 Kilometer von der nächsten befahrbaren Straße entfernt. Der Zugang zu medizinischer Behandlung ist quasi nicht möglich. Unterernährung, hohes Bevölkerungswachstum, Armut, mangelnde Hygiene, geringe Bildung und die Verbreitung von Infektionskrankheiten tragen zu einem niedrigen Gesundheitsstandard bei. «Wir haben in Lalibela einen sechsjährigen Jungen getroffen, der nur noch einen Arm hatte. Beim Fußballspielen in der bergigen Region war er einen Abhang hinuntergerollt und hatte sich den Arm gebrochen – der konnte nicht gerettet werden. In Deutschland wäre es sicher kaum so weit gekommen. Da wird einem erst bewusst, wie weit die medizinische Technik hier ist», sagt Marion Wolf.
Die einzige Hoffnung für Fishy war bislang die Hilfe von Verwandten und Freunden aus dem Ausland. Die Frankfurter Familie engagierte sich also für Ihren afrikanischen Glaubensbruder und nutzte ihre Beziehungen im weitentfernten Deutschland. So wurden Kontakte zum Katharinenhospital in Stuttgart hergestellt. Der dortige Spezialist für Hüftoperationen nach Unfallverletzungen, Prof. Ulrich Holz, erklärte sich bereit, Fishy zu operieren und dabei auf sein Honorar zu verzichten. Nichtsdestotrotz: für die Operation, Tagegeld, Flug und Krankenversicherung beliefen sich die Kosten bereits auf mehr als 8500 Euro. «Das durchschnittliche Monatseinkommen in Äthiopien beträgt etwa 35 US-Dollar. Da kann man sich vorstellen, dass man für die Operation vergleichsweise einen Millionengewinn braucht», sagt Köhnlein.
Über Spenden im Kreis der Verwandten, Freunde und Bekannten konnte ein Teil für eine erste Operation in Deutschland zusammengetragen werden. Bei der jüngsten Operation am 25. November in Stuttgart stellte sich jedoch heraus, dass Fishys Hüftkopf so stark zerstört ist, dass er absterben wird. In etwa einem halben Jahr muss daher ein künstlicher Hüftkopf eingesetzt werden.
Über weitere größere Spenden im Familien- und Freundeskreis kann die erneute Operation jedoch nicht mehr finanziert werden. Die bisher kontaktierten humanitären und medizinischen Einrichtungen können in diesem Einzelfall auch nicht helfen. Daher hat die Frankfurter Familie eine weitere und breiter angelegte Spendenaktion initiiert. Damit besteht nun Hoffnung, dass Fishy in seinem Heimatland, in dem es kein Sozialversicherungssystem und eine extrem hohe Arbeitslosigkeit gibt, wieder ein halbwegs geregeltes Leben führen kann.
Nähere Infos erteilen Klaus Köhnlein und Marion Wolf unter hilfefuerfishy@gmx.de. Sollte mehr Geld als benötigt eingehen, wird das Geld an das Katharinenhospital in Stuttgart gespendet. (fnp)
Hilfe für Fishy, Konto: 628 039 718 9, Bankleitzahl: 501 900 00, Frankfurter Volksbank.
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