10.05.2005
May-Haus muss Neubau weichen
Von Sören Rabe
In der Römerstadt wird zurzeit ein Ernst-May-Haus als Museum eingerichtet.
Überall in der Stadt werden die steinernen Zeugen des ersten großen Wohnbauprojektes in Frankfurt vor dem Verfall gerettet und grundlegend, nach Auflagen des Denkmalschutzes, saniert. Allerdings nicht in der Siedlung Praunheim. Das May-Häuschen in der Olbrichstraße 41 wird zusammen mit der alten Wäscherei, Nummer 43-47, im kommenden Monat abgerissen. Ein Investor baut stattdessen fünf Reihenhäuser. Die Siedlung steht nicht unter Denkmalschutz.
Ursula und Klaus Driesch verstehen nicht, warum das Haus direkt neben ihrem eigenen verschwinden soll. «Die Bausubstanz ist in Ordnung, es besteht kein Grund», sagen die Drieschs. Ursula Driesch, geborene Happe, wurde im Haus Nummer 39 geboren. Ihre Mutter arbeitete noch in der Siedlungs-Wäscherei. Sie fürchtet nun um ihr Heim, wenn das Nebengebäude abgerissen wird. «Wir leben hier in einem Reihenhaus, die Wand ist nicht als Außenwand geeignet.» Dabei betonen die beiden, dass sie nichts gegen den Abriss der Wäscherei haben. Das ist unstrittig. Denn das Gelände ist durch den jahrelangen Betrieb einer chemischen Wäscherei verseucht.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die geplante Lage der Häuser. Denn zurzeit ist das Gebäude 1,75 Meter ins Grundstück hinein versetzt. Das soll, so Klaus Driesch, auf 30 Zentimeter verringert werden. «Damit verliert die Straße ihren typischen offenen Charakter», kritisiert auch Dietrich Pressel, Vorstandsmitglied der Ernst-May-Gesellschaft, der gestern zusammen mit der Kollegin Ulrike May die Liegenschaft für den Verein begutachtete. Denn im May-Haus sind noch Schätze aus den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts verborgen: Teile der Frankfurter Küche, Original-Türen oder ein Stangeneis-Kühlschrank. Georg Encke hat sie innerhalb der vergangenen 30 Jahre zusammengetragen und sie hier eingelagert. «Das Liegenschaftsamt hatte mir dankenswerterweise ein Nutzungsrecht eingeräumt», sagt Encke. Doch damit ist es jetzt vorbei. Die Mitglieder der Ernst-May-Gesellschaft durchstöbern alles, um Raritäten für das künftige Museum zu sichern. Der Rest wird weggeworfen. «Das muss dann zum Sperrmüll», sagt der eifrige Sammler mit traurigem Unterton.
Die Nachbarn hätten es lieber gesehen, wenn das Haus vernünftig renoviert und anschließend verkauft worden wäre. Dies sei jedoch illusorisch, so Alfred Gangel, Leiter des Liegenschaftsamtes. Die Stadt habe früher versucht, das Gebäude zu verkaufen. Ohne Erfolg. Jetzt habe sich ein «großer Sanierungsstau» ergeben. Ein Neubau werde «nur unwesentlich» teurer. Zudem könnten auf dem Gelände so fünf anstatt drei Reihenhäuser gebaut werden.
Die Planbau 4 GbR hat ein Konzept zur Neubebauung vorgelegt. «Wir haben zusammen mit dem Umweltamt und dem Regierungspräsidium ein Sanierungskonzept erarbeitet», sagt Geschäftsführer Andreas Lewandowski. Auch erlehnt eine Sanierung des May-Hauses ab, obwohl es nicht belastet ist. «Der Wohnraum entspricht einfach nicht mehr dem heutigen Standard.» Es mache keinen Sinn, das Haus zu sanieren.
Da der Komplex mitten in der Siedlung stehe, würde der Abriss in der Mitte beginnen und sich ins hintere Gelände fortsetzen, umso Platz für Bagger zu schaffen. Der Boden müsse bis in eine Tiefe von acht Metern abgetragen werden. An den benachbarten Häusern werde dann «von Hand» abgerissen. «Wir werden mit äußerster Vorsicht vorgehen», verspricht der Geschäftsführer. Die Angst der Familie Driesch um ihr Haus sieht er als unbegründet. «Wir verbessern sogar noch die Dämmung.» Das neue Haus werde direkt herangesetzt und mit einer Dämmung versehen, die es bisher nicht gegeben habe. Während der Bauzeit werde die Wand des Nachbarhauses mit einer Folie versehen, um die Wetterseite zu schützen.
Planbau 4 wird insgesamt fünf modern ausgestattete Reihenhäuser mit einer Wohn-/Nutzfläche von 130 bis 140 m errichten. Die Geschosshöhe wird nicht die bisherige Bebauung überschreiten. «Die benötigte Fläche gewinnen wir durch einen Ausbau des Souterrains.» Der Baubeginn ist für den Sommer geplant, als Bauzeit rechnet Lewandowski mit einem dreiviertel Jahr. Der Preis soll um die 240 000 Euro betragen, in Erbpacht. Denn Eigentümerin der Grundstücke bleibt die Stadt.
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