10.05.2005
Schulamt will Klasse streichen
Römerstadtschule fürchtet um bislang erfolgreiches Konzept
Das Staatliche Schulamt plant, den gemeinsamen Unterricht an der Römerstadtschule zu kürzen. Statt wie bisher in zwei Klassen sollen behinderte und nicht-behinderte Schüler zukünftig nur noch in einer Klasse gemeinsam lernen.
Heddernheim • 9. Mai • ak • Henry Striether leidet an dem Williams-Beuren-Syndrom. Deshalb entwickelt er sich langsamer. Er braucht mehr Zeit und mehr Förderung. Bisher besucht er einen integrierten Kindergarten, im Sommer soll er in die Schule kommen. Seine Eltern suchen einen Platz für ihn. Wenn an der Römerstadtschule weiter in zwei Klassen behinderte und nicht-behinderte Kinder gemeinsam unterrichtet werden, könnte er dort lesen und schreiben lernen. Setzt das staatliche Schulamt aber seine Pläne in die Tat um, wird er eins der hundert behinderten Kinder in Frankfurt sein, die keinen Platz bekommen.
Sein Vater Stefan Striether steht im Schulhof der Römerstadtschule und wartet auf das Ergebnis der Lehrerkonferenz.
Die zuständigen Mitarbeiter des Staatlichen Schulamtes stellen die Pläne vor und hören sich die Argumente der Lehrer und Elternbeiräte an. "Wir haben das Gefühl, dass wir hingehalten werden", sagt Frank Borsch, der als Vertreter der Eltern an der Sitzung teilgenommen hat. "Konkret wurde wenig gesagt. Nur, dass es geplant sei. Eine endgültige Entscheidung soll wohl im Juni fallen. Aber wir werden nicht kampflos aufgeben."
Eltern und Lehrer fürchten um das bisher erfolgreiche Konzept. "Wenn wir nur noch eine Klasse mit gemeinsamem Unterricht haben, bricht unser ganzes System zusammen", sagt Tristan Berberich-Häbel. Er ist seit 16 Jahren einer der acht Sonderschullehrer an der Römerstadtschule. "Wir haben hier Pionierarbeit geleistet. Und ich verstehe nicht, dass hier bestehende Strukturen zerschlagen werden sollen."
Nach Auskunft der Lehrer begründe das Staatliche Schulamt seine Pläne damit, dass es in Frankfurt zukünftig ein flächendeckendes Programm für den gemeinsamen Unterricht geben soll. "Aber wenn die Plätze ausgeweitet werden sollen", sagt Berberich-Häbel, "dann müssen auch die notwendigen Stellen geschaffen werden. Man kann das doch nicht auf Kosten von etwas, das sehr gut funktioniert, durchsetzen."
Zur Zeit gibt es auch Therapieeinrichtungen in der Römerstadtschule. Wenn nur noch in einer Klasse behinderte Kinder unterrichtet werden, wird es an der Römerstadtschule wohl auch keine Logopädie, keine Ergotherapie und keine Krankengymnastik mehr geben. "Und das bedeutet, dass hier keine Kinder mit schwerer Behinderung mehr unterrichtet werden können", sagt Annegret Schmerbach von der Lebenshilfe Frankfurt am Main.
Zu ihren Plänen und den Vorwürfen der Eltern und Lehrer wollten sich die Mitarbeiter des Staatlichen Schulamtes gegenüber der FR nicht äußern.
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