12.05.2005
Schranke ärgert vor allem Kranke
Gar nicht weit vom Trubel des Nordwestzentrums liegt zwischen den Wohnblocks der Nummer 62 bis 66 der Bernadottestraße eine Oase der Ruhe.
Doch die neu gewonnene Stille hat auch ihre Nachteile. Seit eine Schranke vor dem Haus Bernadottestraße 66 verhindert, dass Fahrzeuge zwischen die Blocks gelangen, können selbst Taxis nicht mehr vorfahren. Für all jene, die wie Magdalena Hänisch nicht gut zu Fuß sind, eine Ursache großer Strapazen und Mühen.
Seit drei Wochen kann die 80-Jährige kaum einen Schritt alleine gehen. «Von einem Tag auf den anderen tat mein rechtes Knie so weh, dass ich nur mit starken Schmerzen auftreten konnte.» Da selbst der Weg zur Wohnungstür ihr große Schmerzen bereite, sei sie regelrecht an die Wohnung gefesselt. Zwar könnte beim Straßenbauamt ein Schlüssel für die Schranke am Ende der Straße beantragt werden. Schwer behinderte Nachbarn können so zu Hause vorfahren. «Einen solchen Antrag zu stellen, ist aber kompliziert und dauert.» Sie benötige ein ärztliches Attest, um beim Ordnungsamt einen Schlüssel zu beantragen. «Abholen muss ich ihn dann persönlich.»
In solchen Fällen sei die einfachste Möglichkeit, per Krankentransport zum Arzt zu fahren, sagt Ordnungsamtsmitarbeiter Thomas Reinecker. «Für die Schranken, die es in der ganzen Nordweststadt, ja im ganzen Stadtgebiet gibt, haben die Krankentransport-Firmen einen so genannten Feuerwehrschlüssel.»
Die Kaufmännische Krankenkasse Halle (KKH), bei der Frau Hänisch versichert ist, bestätigte die Übernahme der Kosten. Das gelte nicht nur für Fahrten zum Krankenhaus, sondern auch für Arztbesuche und Fahrten zur Therapie. Allerdings müsse ein Arzt die medizinische Notwendigkeit des Transports bestätigen. Bei ambulanten Behandlungen muss die Kostenübernahme im Voraus beantragt werden.
Doch das sei umständlich und wesentlich teurer als eine Taxifahrt, sagt die Seniorin. Auch wenn die Kasse die Kosten übernehme. «Ein Taxi kann man auch kurzfristig bestellen, einen Krankentransport nicht.» Wenn eine Fahrt keinem medizinischen Zweck diene, sei man auf ein Taxi angewiesen. Dass die Schranken keine Ideallösung seien, gesteht auch Ortsvorsteher Klaus Nattrodt (CDU) ein. «Vor allem Härtefälle wie Frau Hänisch sind die Leidtragenden dieser Regelung.» Aber hier gebe es nur entweder oder: Schranke ja oder nein. Die Schranke wurde hier wie an vielen anderen Stellen in der Nordweststadt notwendig, weil Anwohner mehr und mehr die Gehwege vor den Wohnblocks verkehrswidrig als regelmäßige Zufahrt zu ihren Häusern genutzt und dort sogar auf den Grünflächen geparkt hätten.
Reinecker bestätigt, dass diese Wege eigentlich nur als Zufahrt für Müllabfuhr und Einsatzfahrzeuge gedacht seien. Doch Frau Hänisch hat einen Vorschlag. «Vielleicht könnte man beim Hausmeister einige Schlüssel deponieren. Dieser kann sie für einige Wochen an Anwohner ausgeben, die sie benötigen», regt die 80-Jährige an.
Auch das Ordnungsamt könne mit einer solchen Regelung leben, sagt Reinecker. Und die Wohnheim GmbH als Vermieterin der Wohnung von Frau Hänisch bestätigte auf Anfrage, dass eine solche Lösung in Einzelfällen vorstellbar sei. (hau)
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