19.05.2004
1200 Jahre erzählt auf 150 Seiten
Vereinsring Praunheim stellt die Festschrift zum Stadtteil-Jubiläum vor
Als «Nabel der Welt» lässt sich Praunheim, das in diesem Jahr sein 1200-jähriges Bestehen feiert, schwerlich beschreiben. In der Festschrift zum Jubiläumsjahr, die ab sofort zu haben ist, wird die Geschichte des Frankfurter Stadtteils dennoch zum leicht verzerrten Spiegelbild der Welt, in dem sich Geschichtsdaten, historische Wendepunkte und Entwicklungen bis zur Gegenwart wiederfinden.
Autor Alfred Hansmann (67) hat für die Praunheimer diese Aufgabe übernommen; seinen Rückblick auf 1200 Jahre Praunheim nutzte er, um die Geschichte des Frankfurter Stadtteils in einen viel größeren historischen Rahmen zu stellen. Schließlich aber hat er all die Daten und Erkenntnisse, die er zahlreichen Chroniken, Archiven und Geschichtsbüchern entnommen hat, wieder auf eine nachvollziehbare Größe gebracht – den Menschen. Und so beinhalten die Überschriften der sechs Kapitel auch keine Jahreszahlen, sondern heißen «Nomaden und Siedler», «Ritter und Knechte» oder «Architekten und Bewohner». Der längste Abschnitt ist mit «Pfarrer und Lehrer» überschrieben.
Jahrtausende vor dem in diesem Jahr geehrten Datum, 804, in dem Praunheim als «Brumheim» erstmals schriftlich erwähnt wurde, fängt die eigentliche Geschichte des Ortes an. Der fruchtbare Boden und die geschützte Lage am Fluss hatten die Menschen einst bewegt, sich dort niederzulassen. Vom Ebel, wo so viele archäologische Funde Auskunft über die ersten Siedler auf der heutigen Praunheimer Gemarkung gaben, macht Hansmann den Leser auf die bahnbrechenden Fortschritte der Menschheit vom Neolithikum bis zur Zeit des antiken Nida, das Jahrtausende später errichtet wurde, aufmerksam.
An beiden Epochen interessieren den Autoren nicht nur die Ursprünge der Menschheit, die damaligen Siedlungsstrukturen und Handwerkstechniken. Vielmehr zeichnet der Studiendirektor im Ruhestand – seit 1972 Praunheimer – auch das jeweilige Weltverständnis, sowohl der Steinzeitmenschen als auch der Bewohner der Civitas Taunensium, mit dem Hauptort Nida nach. Beide glaubten an zahlreiche Götter, um sich die Welt und auch die sozialen Facetten menschlichen Zusammenlebens verstehbar zu machen. Für die Steinzeitmenschen sind die Götter Versinnbildlichungen der natürlichen Urkräfte, Verbindung zwischen den Menschen und der Natur, die den Alltag bestimmt.
In Nida ließen sich 36 verschiedene Gottheiten nachweisen, die die aus einem Völkergemisch bestehende Bevölkerung anbetete. Im Mittelalter war dieser Vielgötterglaube vom monotheistischen Christentum verdrängt worden, spätestens jetzt werden Grundlegungen gesetzt, die unser Leben und Weltbild bis heute prägen.
Seit dieser Zeit wächst auch die Intensität der wirtschaftlichen und politischen Verbindungen zwischen Frankfurt und Praunheim stetig. Die Praunheimer Ritter bekleideten 200 Jahre lang das Amt des Schultheiß’ von Frankfurt, ihnen hatte der Kaiser die Gerichtshoheit übertragen.
Seinen Gang durch die Geschichte, die von der Antike zur Entwicklung des Praunheimer Rittergeschlechts und des mittelalterlichen Dorfes bis hin zum Bau der Römerstadt und Westhausens führt, illustriert Hansmann immer wieder mit Hinweisen auf bis heute erhaltene Schauplätze.
Schon im Mittelalter waren es die Auferstehungskirche (allerdings ein Vorgängerbau) und die daneben liegende Zehntscheune, die den architektonischen Dorfkern, aber auch das soziale Leben des Dorfes prägten. Neben der Scheune steht bis heute der Junkerhof, ehemals Stockhof. Er war wohl der letzte Sitz des Praunheimer Rittergeschlechts, das Jahrhunderte lang die weltliche Herrschaft über das Dorf innehatte.
Der bis heute erhaltene Brunnen hinter den Häusern der «Ringmauer» war im 16. Jahrhundert der Schlossbrunnen der repräsentativen Burg Philippseck. Die hatte der Praunheimer Reichsritter Philipp Wolf im Jahr 1584 angefangen zu bauen. Und, um zeitlich noch weiter zurückzugehen: Wer heute an der Kreuzung Heerstraße/Damaschkeanger, nahe dem Nordwestkrankenhaus vorbeikommt, steht vor dem ehemaligen Westtor der antiken Stadt, auf dem Kreuzungspunkt der beiden wichtigen Fernstraßen, die von Nida aus in die Provinzhauptstadt Mainz führten.
Fast 150 Seiten umfasst Hansmanns Festschrift, die zahlreichen Illustrationen geben eine weitere Vorstellung, wie es in den vergangenen Jahrhunderten auf der heutigen Gemarkung Praunheim ausgesehen haben mag. Das Entstehen der Festschrift haben auch viele Praunheimer durch ihre Spenden ermöglicht. Sie sind nun namentlich im Buch genannt. (ing)
Die Chronik ist ab sofort zum Preis von 12 Euro zu bekommen: Frankfurter Sparkasse, Blumen-Roos, Zeitungsladen Flasnöcker, Blumen-Nagel, Bäckerei Mancuso, Friseur Ochs und Schuch’s Restaurant. Weitere Infos gibt es unter www.vereinsring-praunheim.de.
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