22.08.2005
Ungewohnte Töne an der Zehntscheune Volksfest lockte mit viel Musik
Mal Regen und mal Sonnenschein... Waschechtes Aprilwetter – und das mitten im August – trübte die Feierlaune der Besucher des 21. Zehntscheunenfestes nicht. Drei Tage feierten knapp 9000 Menschen vor der Zehntscheune, im Kirchgarten und im Festzelt.
Während sich tagsüber viele ältere Bürger und Familien auf den Bänken und vor den Ständen drängten, tummelten sich zu später Stunde überwiegend jugendliche Besucher in der Graebestraße. «Das Publikum wird von Jahr zu Jahr jünger. Nach 22 Uhr zählt man als Endzwanziger schon zum alten Eisen», sagt Wilfried Windecker, Vorsitzender des Praunheimer Bürgervereins.
Der Unsitte mancher Halbwüchsiger, harte alkoholische Getränke in Rucksäcken mitzubringen, setzte Windecker strenge Kontrollen entgegen. Zwei Beamte des 14. Polizeireviers riefen jugendliche Alkoholsünder zur Ordnung. Zu Auseinandersetzungen mit den Beamten kam es dabei nicht. «Am Eröffnungstag beklagte sich eine notorisch lärmempfindliche Anwohnerin über den Geräuschpegel. Ansonsten gab es keine Probleme», so Polizeihauptkommissar Hartweg. Lautstark ging es am Freitagabend beim Konzert derband «The Gypsys» zu, die erstmals auf dem Zehntscheunenfest auftraten. Die Frankfurter Gruppe, die seit 20 Jahren Rock- und Pop-Klassiker covert, brachte im Zelt an der Praunheimer Brücke rund 400 Gäste in Schwung. «Für den Anfang ein Erfolg. In ein paar Jahren, wenn die Gruppe sich ihr Festpublikum erobert hat, könnte sich diese Zahl durchaus verdoppeln», hofft Windecker.
Längst zu einer festen Institution geworden sind «Roy Hammer und die Pralinées», die zum siebten Mal auf dem Zehntscheunenfest spielten. Gerüchten, die 1996 gegründete Kultband würde sich auflösen, tritt Roy Hammer vehement entgegen. «Wir standen kurz vor der Auflösung, aber wir bleiben zusammen.» Im kommenden Jahr wollen die sechs Musiker die Zahl ihrer Auftritte allerdings weiter reduzieren. «Das Zehntscheunenfest wollen wir aber keinesfalls missen», versichert Sängerin Trude Blume. «Das Publikum hier singt mit wie ein gemischter Chor.»
Unter den Gästen zahlreich vertreten waren auch in diesem Jahr Politiker aller Parteien. Bundestagskandidatin Ulrike Gauderer (Grüne), die in Hausen aufgewachsen ist, kam in Begleitung ihrer Parteifreunde Olaf Cunitz und Hans-Peter Jourdan, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Ortsbeirat 7, um Festluft zu schnuppern. Stadtverordnete Elke Sauter (SPD) plauderte mit den Genossen der SPD-Ortsvereine von Heddernheim, Praunheim und Hausen, die sich jedes Jahr auf ein Glas Bier auf dem Zehntscheunenfest treffen. Am Stand der Jungen Union (JU) Frankfurt Nord holte sich die Sozialdemokratin einen schillernden Cocktail ab: «Ich habe keine Berührungsängste.»
Als politische Plattform sehen Martin Hellmuth (28) und seine JU-Kollegen ihren Cocktail-Stand ohnehin nicht. «Wir wollen hier keinen Wahlkampf machen, sondern mit den Leuten ins Gespräch kommen.» Als Methode zur Rekrutierung neuer Mitglieder tauge das Cocktail-Mixen dabei allemal. «Seit unserem ersten Einsatz vor zehn Jahren haben wir hier schon viele geworben.» Mit dem Konsumverbot harter alkoholischer Getränke nehmen es die Nachwuchspolitiker übrigens genau: «Minderjährige Kunden schicken wir weiter.»
Obgleich der Umsatz in regnerischen Zeiten leidet, herrscht an den zehn Verkaufsständen – darunter erstmals auch ein Kebab-Stand – Hochbetrieb. 5000 Gläser sind nach Schätzung Windeckers ständig im Umlauf. Rund 1000 davon werden das dreitägige Fest nicht überleben. «Bei einem Preis von einem Euro pro Glas fällt dieser Verlust durchaus ins Gewicht.» Pfand zu erheben, sei aus organisatorischen Gründen aber kaum möglich. «Die Gäste müssten andauern Schlange stehen: beim Märkchen-Kaufen, beim Getränke abholen und beim Abgeben der Gläser.» Um zu vermeiden, dass sich leere Gläser und Plastikteller auf den über 200 Tischen stapeln, sind acht Helfer mit dem Abräumen des Geschirrs beauftragt. Unterstützt werden sie von einer Kinderschar – darunter auch Windeckers Enkel Philipp (11) und Felix (7), die sich ihr Taschengeld aufbessern. Auch der Bürgerverein hofft auf einen Überschuss, wenn die Kosten des Zehntscheunenfestes, die sich auf rund 30 000 Euro belaufen, gedeckt sind. «Trotz des durchwachsenen Wetters bin ich ganz optimistisch», sagt Windecker.
Von Julie Bayer
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