18.04.2007
VGF legt Nahverkehr lahm
Wegen einer Betriebsversammlung fällt am Dienstag jede zweite Bahn aus
Die Auseinandersetzung um die Zukunft des Busverkehrs in Frankfurt werden jetzt erstmals auch die Fahrgäste zu spüren bekommen. Der Betriebsrat der Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) wird am kommenden Dienstag den Nahverkehr erheblich blockieren. Zwischen 13 und 19 Uhr wird es eng in Bussen und Bahnen: Voraussichtlich werde jede zweite Fahrt auf den VGF-Linien ausfallen, kündigten die Arbeitnehmervertreter gestern an. Erstmals werde eine Betriebsversammlung so gelegt, dass ein großer Teil der Belegschaft daran teilnehmen kann. „Andere Firmen machen es genauso, wir verstoßen gegen kein Gesetz“, sagte Jürgen Räcke, Vizechef des Betriebsrats. Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU), die auch Vorsitzende des VGF-Aufsichtsrates ist, hat kein Verständnis dafür: „Der Verkehr darf nicht beeinträchtigt werden“, sagte ihr Referent Peter Heine der FNP. „Dazu ist die städtische Gesellschaft verpflichtet.“ Räcke warf Roth „Ignoranz“ vor, weil sie auf Angebote und Fragen des Betriebsrats nicht reagiert habe.
Die Arbeitnehmervertreter kündigten an, die in der Stadtbahn-Werkstatt in Praunheim anberaumte Betriebsversammlung später auf den Römerberg zu verlegen. Dort soll vor der Sitzung des Verkehrsausschusses noch einmal Druck gemacht werden, um weitere Ausschreibungen zu verhindern und eine Direktvergabe der Buslinien an die VGF zu erreichen. Dazu ist es aber nächste Woche möglicherweise schon zu spät: Denn eine Entscheidung über das weitere Vorgehen soll schon heute Abend in den Fraktionen von CDU und Grünen fallen. Basis dafür sind zwei Gutachten, die Vorteile für Ausschreibungen sehen, deren Aussagekräftigkeit von der Opposition im Römer gestern aber erneut angezweifelt wurde. Mit „schön gerechneten Zahlen“ komme das gewünschte Ergebnis heraus, kritisierte Lothar Reininger, Vorsitzender der Linke/WASG-Fraktion. IHK-Geschäftsführer Hans-Peter Debling dagegen sprach sich gegenüber der FNP dafür aus, den Liberalisierungskurs beizubehalten.
Bisher sind 40 Prozent der Frankfurter Buslinien im Wettbewerb vergeben, die für heute erwartete Entscheidung betrifft die übrigen 60 Prozent. Nach Darstellung des VGF-Betriebsrates neigt OB Roth zu einer Direktvergabe an die VGF, müsse aber auf die schwarz-grüne Koalition Rücksicht nehmen. Roths Referent Heine widersprach: Die OB sei nie vorbehaltlos für eine Direktvergabe eingetreten. „Wirtschaftliche Fragen müssen natürlich beachtet werden.“ Der VGF-Betriebsratsvorsitzende Wolfgang Müller dagegen plädierte dafür, die ökonomische Betrachtung nicht in den Vordergrund zu stellen. „Ist es der Stadt nichts wert, über ein Unternehmen zu verfügen, im dem anständige Löhne gezahlt werden?“
Müller befürchtet, dass die Vergabe der Buslinien an Privatunternehmen nur ein erster Schritt zur Zerschlagung der VGF ist. 2010 laufe die Genehmigung für die U-Bahn und Straßenbahnlinien aus. „Spätestens im Sommer 2008 muss eine Entscheidung fallen, wie es da weitergeht.“ Ein denkbares Szenario ist nach Angaben von VGF-Sprecher Bernd Conrads, dass der Betrieb der Schienenstrecken zusammen mit den Fahrzeugen ausgeschrieben wird. Das bedeutet: Käme ein anderer Betreiber zum Zug, würde dieser die Bahnen von der VGF übernehmen. Laut Roths Referent Heine ist noch alles offen: „Die Frage, was mit dem Schienenverkehr wird, kann heute noch niemand beantworten.“
Betriebsrats-Vize Räcke wies darauf hin, dass die VGF-Fahrer (überwiegend Schiene) bereit seien, auf neun Prozent ihres Gehalts (rund 200 Euro monatlich) zu verzichten. Das würde dem Unternehmen fünf Millionen Euro jährlich bringen. Diese Zusage gelte aber nur, wenn es als Gegenleistung keine weiteren Ausschreibungen gibt. (mu)
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