29.05.2007
Danke Richard oder Eine Ära geht zu Ende
Es soll Leute im Stadtteil geben, die sind froh, wenn ihr Bus zu spät kommt.
So bleibt ihnen mehr Zeit, die Aushänge im Schaukasten des Vereinsrings zu studieren. Denn der steht direkt an der Haltestelle vor der Sparkasse. Während andernorts an solchen Anschlagbrettern nicht selten an Ostern noch die Einladung zum Weihnachtsgottesdienst vergilbt, sind die an der Graebestraße ausgehängten Mitteilungen immer auf dem neuesten Stand, die Zeitungsartikel sogar tagesaktuell. Ein Verdienst von Richard Fröhlich. Seit über sechs Jahren wertete der stets freundliche und erstaunlich rüstige Richard jeden Morgen die Frankfurter Neue Presse aus, tauschte die Aushänge, wenn es dort etwas Neues über Praunheim zu lesen gab. Und das ist fast täglich der Fall.
Jetzt will es der gebürtige Sachsenhäuser etwas langsamer angehen lassen, der meist mit den Fahrrad unterwegs ist und auch den Schaukasten am Ende des Ebelfelds mit genauso viel Elan aktualisierte. „Immerhin bin ich Ende April 80 Jahre alt geworden“, sagt der Opa dreier Enkel in seiner bescheidenen Art. Deshalb habe er auf der jüngsten Hauptversammlung des Vereinsrings auch seinen letzten Posten, den des Beisitzers, aufgegeben. Eine Ära ging zu Ende.
Seit 1961 im Kleingärtnerverein, wo er als Pflanzenschutzwart und Fachberater wirkte und noch heute mit seiner Frau Gerda die Parzelle im Bogen des Nidda-Altarms pflegt, wurde er 1990 zum Vereinsring-Vize gewählt. Nach dem Tode des damaligen Vorsitzenden Friedel Vill (1922 bis 1997) rückte Fröhlich für die nächsten zweieinhalb Jahre sogar an die Spitze auf.
Von Vill übernahm er auch eine lose Sammlung von Artikeln und Dokumenten, die Fröhlich alle gesichtet, viele von ihnen inzwischen elektronisch archiviert hat. So wie nahezu sämtliche FNP-Beiträge seit 2001 zu Praunheim oder einem der Mitgliedsvereine. Alles in allem über 4000 Manuskripte. Da findet sich die Gründungsurkunde des Siedervereins (1938) ebenso wie die Berichterstattung über Zehntscheune und Feste, die 1200-Jahr-Feier oder – fast so alt – die Diskussion zur Ortsumfahrung. Auf zwei CDs gebrannt überreichte Fröhlich nun das „Gedächtnis Praunheims“ den jeweiligen Vereinsvertretern. Ein einmaliges Geschenk und ein bisschen auch sein Vermächtnis.
Da passt es auch ins Bild, dass sich der gelernte Industriekaufmann, der stets mit Rechenmaschinen und später Computern zu tun hatte aber bis heute über keinen Internen-Anschluss verfügt („sonst würde mich meine Frau überhaupt nicht mehr zu Gesicht bekommen“), nun der Ahnenforschung zuwenden will. Bis ins Jahr 1750 hat der den Fröhlich(sch)en Stammbaum bereits verfolgt. Ganz gewissenhaft. Genauso wie er sich schon um einen Nachfolger für die Schaukästen gekümmert hat. Die betreut von nun an Gilbert Appelshäuser. Ein verantwortungsvoller Job. Denn nicht alle Busse kommen pünktlich. (ou)
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