09.12.2008
Plus verlässt Praunheim
«Hier wohnen die kleinen Preise!» So steht es auf den Schaufenstern des Plus-Marktes im kleinen Einkaufszentrum in der Heinrich-Lübke-Siedlung. Aber sie wohnen nicht mehr lang dort, die kleinen Preise: «Liebe Kunden, wir schließen unsere Filiale nach Geschäftsschluss am 13. 12. Bitte besuchen Sie unsere Filiale . . .» Was folgt, ist ein weißes Feld ohne Adresse.
Für die Praunheimer aus der Heinrich-Lübke-Siedlung und den May-Siedlungen zu beiden Seiten der Ludwig-Landmann-Straße ist die anstehende Schließung «ein schwerer Schock», wie es eine ältere Dame auf den Punkt bringt. Auf ihre Gehwagen gestützt steht sie vor dem Supermarkt, ratlos. Ab nächster Woche müsste sie nun zum Rewe-Supermarkt an der Ecke Heerstraße, Oberhöchstädter Weg gehen. Aber das sei «viel zu weit». Ins Nordwestzentrum käme die Praunheimerin zwar mit dem Bus, doch mit ihrem Gehwagen ist diese Versorgungstour für ihren kleinen Hamilienhaushalt recht beschwerlich.
Eine schlimme Nachricht ist die anstehende Plus-Schließung auch für die noch fünf Geschäftsleute aus der kleinen Einkaufspassage. Die Inhaber der Schneiderei, des Eiscafés, des Zeitschriftenladens, der Apotheke und des Frisörgeschäfts fürchten um ihre Existenz. Fehlt der Plus, fehlt der Magnet, der die Kunden dann auch in ihre Läden brachte.
Das könnte das Ende für das kleine Einkaufszentrum sein, dessen Niedergang schon vor Jahren begonnen hatte. Wolfram Schäfer, Gründer der Ebelfeld-Apotheke, ist einer der Pioniere in der Siedlung. Er erinnert sich noch an die guten zeiten, damals, in den 1970ern. Damals gab es noch die Post, die Sparkasse und eine gut florierende Kneipe. Das sei alles «Schnee von gestern», sagt Schäfer. Heute sei das Zentrum «ziemlich verwaist».
2001 übernahm Monika Loris die Ebelfeld-Apotheke. Ob sie das Geschäft ebenso lange halten kann wie ihr Vorgänger Schäfer, vermag sie derzeit kaum zu sagen. «Wenn der Plus schließt, kommt auch die ohnehin spärliche Laufkundschaft nicht mehr.» Frau Loris glaubt nicht daran, dass irgendjemand Umwege machen wird, um Schmerztabletten oder Zeitung zu kaufen, den Lottoschein abzugeben, die Hose zur Änderung zu bringen oder einen Kaffee vor einem der leeren Läden zu trinken.
Frank Junker, Geschäftsführer der ABG Holding, die Eigentümerin des Zentrums ist, kann seinen Mietern derzeit auch nicht helfen. Fieberhaft suche die ABG nach einem Mieter, der in der Lübke-Siedlung Waren des täglichen Bedarfs anbieten könnte. Schlecht sei die Lage ja nicht: Fußläufig zum Zentrum liegen ja nicht nur die Heinrich-Lübke-Siedlung, sondern auch die Siedlungen beiderseits der Ludwig-Landmann-Straße bis hinunter nach Westhausen.
Gleichwohl sei es «mehr als schwierig», einen geeigneten Mieter zu finden, so Junker. Für die großen Supermarkt-Ketten sei das jetzt leer werdende Ladenlokal einfach zu klein. Die Lebensmittelhändler interessierten sich nur für Verkaufsflächen von mindestens 800 Quadratmetern. Das kann die ABG in der Lübke-Siedlung nicht bieten.
Junker wenigstens bleibt optimistisch. Sollte sich kein Miet-Interessent finden, werde die ABG prüfen, wie das Einkaufszentrum im Zuge der geplanten Siedlungssanierung umgestaltet werden kann. Wie berichtet, haben das Architekturbüro Albert Speer und die ABG vereinbart, die Heinrich-Lübke-Siedlung zum ökologischen Vorzeigeprojekt umzubauen. Zum Wohnen der Zukunft, so viel steht schon fest, bevor die Pläne konkret werden, gehört auch Infrastruktur vor der Haustür.
Den Praunheimern und den fünf Geschäftsleuten wieder dieser Ausblick in den nächsten Monaten nicht helfen können. Aber immerhin gibt es einen kleinen Trost auf eine bessere Zukunft.ralf
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