12.01.2011
Arbeiten in der Baustelle
Im Dezember fiel der Startschuss für die Bauarbeiten in der Heinrich-Lübke-Siedlung. Die ABG will in vier Jahren den Wohnraum sanieren und ergänzen, aber auch das Einkaufszentrum auf Vordermann bringen. Für die Geschäftsleute hat eine schwere Zeit begonnen.
Renate Pfeiffer hat sich ein Maßband um den Hals gelegt, ihre Händen umkrallen es, sie schaut ein wenig skeptisch. Doch nein, unterkriegen lassen will sich die Schneiderin, die ihren Laden im Einkaufszentrum in der Heinrich-Lübke-Siedlung hat, nicht. Ebenso wenig wie die anderen Geschäftsleute, die in dem in die Jahre gekommenen, einstigen Siedlungsmittelpunkt ausharren, auch wenn eine schwere Zeit auf sie zukommt. Denn der Abriss des Zentrums hat begonnen, hinter Renate Pfeiffer beißt sich ein Bagger durch die marode Bausubstanz. Doch sie sind zuversichtlich: Es kann nur besser werden. Für etwa eineinhalb bis zwei Jahre müssen das Friseurlädchen, die Änderungsschneiderei und die Apotheke in «Notläden» im Untergeschoss des Wohn- und Geschäftshauses in der Heinrich-Lübke-Straße 5–7 überleben. «Wir hoffen, dass uns die Kunden treu bleiben, auch wenn wir nicht mehr von der Ludwig-Landmann-Straße aus direkt, sondern etwas umständlich über die Baustelle und der Lübke-Straße zu erreichen sind», sagt Monika Loris von der Ebelfeld-Apotheke. Wo der Eissalon «Venezia» die Zeit überbrücken soll, ist noch nicht so ganz klar. Entsprechend der Saison ist das Café geschlossen.
Der Umzug wird etwa zwei bis drei Tage dauern, schätzt Renate Pfeiffer, die seit 1996 im elterlichen Betrieb an der Nähmaschine Hosen kürzt, Röcke enger oder weiter macht oder Kostüme der im Laufe der Zeit der veränderten Figur der Kundinnen anpasst. Der Umzug «ist für uns kein Problem». Eine etwas längere Zeitspanne plant Elfi Zöller, die seit 2001 im Zentrum arbeitet und 2007 das Frisörlädchen als Pächterin übernommen hat. Schließlich müssen alle Geräte richtig angeschlossen werden und wieder gut funktionieren. Die haben zwar oft ihr Eigenleben, aber die Frisur soll ja auch während der Umbauphase «bei Wind und Wetter richtig sitzen». Schwieriger wird der Umzug der Ebelfeld-Apotheke, die zu den ersten Mietern im Zentrum zählt. «Damals gab es noch eine Poststelle, eine Sparkassenfiliale sowie einen großen Supermarkt und eine kleine Kneipe», erinnert sich Wolfram Schäfer, der sich damals mit einigen Bauchschmerzen im neuen Zentrum als Apotheker selbstständig machte und die Apotheke 2001 an seine Mitarbeiterin Monika Loris übergab. Sie steht auch schon seit 1997 hinter der Theke der Ebelfeld-Apotheke. «Schnellstmöglich soll der Umzug über die Bühne gehen», sagt die Apothekerin. «Ganz einfach wird es nicht sein, bis wir alle Arzneimittel und Medikamente in den Übergangsräumen wieder sofort greifbar haben.»
Übereinstimmend loben die Geschäftsleute die Zusammenarbeit mit der ABG. Es waren gute Verhandlungen und die ABG sei ihnen «großzügig entgegengekommen». Jetzt hofft das Fähnlein der Unverzagten, «dass uns die Kunden in der schwierigen Bauzeit treu bleiben und dann viele neu kommen». Vielleicht wird das Zentrum dann doch noch zum Mittelpunkt der May-Siedlungen beiderseits der Ludwig-Landmann-Straße, so wie es ursprünglich geplant war.
Die Idee zur Sanierung der Heinrich-Lübke-Siedlung geht, wie mehrfach berichtet, auf die Studie «Frankfurt für alle» aus dem Jahr 2008 zurück, in der Perspektiven der Stadtentwicklung bis ins Jahr 2030 aufgezeigt werden. Nach den Plänen der Architekten Albert Speer und Jo Franzke soll die Lübke-Siedlung zum weltweiten Modellquartier werden. Zentrales Element ist ein Siedlungsentree an der Ludwig-Landmann-Straße, das über Stufen ins Quartier führt. Der Entwurf sieht den Rückbau des Einkaufszentrums vor, gleichzeitig aber auch den Bau eines Supermarktes an der Hauptverkehrsstraße und eines mehrgeschossigen Wohnriegels mit Gewerberäumen im Erdgeschoss. Zudem ist dort genügend Fläche für einen zentralen Treffpunkt. ralf
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